Was macht mich traurig im Leben?

Oh, Mann. Echt jetzt? So ein Downer? Was soll denn diese Frage? Ist das Leben nicht schon ernst genug?! Muss man sich echt noch damit auseinandersetzen? Soll man nicht immer positiv denken?!

Ja, man soll. Man soll sich nicht unterkriegen lassen. Gerade weil das Leben seine ernsten Seiten hat. Aber das heißt nicht, dass man den Kopf in den Sand stecken sollte. Oder vielleicht heißt es gerade das, aber wir haben es immer falsch verstanden.

“Den Kopf in den Sand stecken”, “Vogel Strauß spielen” – so nennt man das im allgemeinen, wenn man sich nicht mit den unangenehmen Dingen im Leben befassen möchte. Dabei meint man das als Warnung, denn nur weil man etwas nicht in entgegen schaut, heißt es nicht, dass es nicht trotzdem auf einen zukommt.

Aber der arme Vogel Strauß steckt seinen Kopf gar nicht in den Sand. Das ist ein hartnäckig geglaubter Irrtum. Kein Tier kann es sich leisten, eine Gefahr zu ignorieren. Sie tarnen sich, sie fliehen, sie kämpfen, sie stellen sich tot – aber sie verstecken sich niemals nur halbherzig. Wenn dann ganz und sie verhalten sich dabei ganz ruhig, um nicht entdeckt zu werden.

Der Mensch dagegen hat sich seine Umgebung so sehr an sich selbst angepasst, dass es zu paradoxen Redewendungen gekommen ist. Neben “den Kopf in den Sand zu stecken”, haben wir da “was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß” und auch “auf einem Auge blind sein”, oder gar “Tomaten auf den Augen haben”. Wir sind ganz groß im ignorieren und nicht wahrhaben wollen.

Aber bringt uns das weiter? Hilft uns das in den entscheidenden Situationen? Eher nicht. Denn nur weil wir die Augen davor verschließen, verschwindet die Situation ja nicht einfach. Es ist nicht so wie als Kinder, wenn wir die Hände vors Gesicht genommen haben, und damit unsichtbar wurden.

Also ist es sinnvoll und wichtig, sich mit den unangenehmen Dingen zu beschäftigen. Nicht die Augen zu verschließen, sondern sich ganz bewußt damit auseinandersetzen. Denn nur so können wir lernen, positiv im Angesicht des Übels zu bleiben. Strategien zu entwickeln, das Übel zu bekämpfen. Und insgesamt mit uns und dem Leben zufriedener zu sein.

Was ist es also, was mich traurig macht?!

Die Nachrichten. Und nicht einmal so sehr, dass sie immer nur über schlimme Dinge, die in der Welt passieren informieren. Das ist wichtig. Das ist notwendig. Ich will informiert sein, auch wenn mich die Bilder schmerzen. Aber oft hat man den Eindruck, dass nicht immer informiert werden soll. Oft scheint es um Aufmerksamkeit, um Beeinflussung oder gar Aufwiegelung zu gehen. Manche Schlagzeiten sind so reißerisch, dass es schmerzt.

Daneben ist es sehr traurig, dass es nicht in allen Nachrichten eine Rubrik “positiv news” gibt. Ich folge auf reddit dem subreddit Uplifting News. Und das sind doch auch Nachrichten, wenn etwas Gutes geschieht. Wenn Menschen noch menschlich miteinander umgehen. Doch diese werden viel zu häufig vernachlässigt.

Das Internet. Ich bin mit dem Netz aufgewachsen und ich liebe es. Das ganze Wissen, die ganze Welt stehen einem per Knopfdruck zur Verfügung. Aber mittlerweile nehmen Hass und Anfeindungen zu. In der Anonymität des Netzes werden Menschen fertig gemacht. Meinungen zu Wahrheiten erkoren. Und Gegensätze unüberwindbar. Wir sind politisch korrekt, aber ich habe nicht den Eindruck, dass es zu weniger Verletzungen geführt hat.

Dennoch würde ich das Internet nicht aufgeben wollen. Auch wenn man gegen Hass-Kommentare und Trolle keine Chance hat. Man darf sich wie im echten Leben nicht der schreienden Minderheit beugen. Denn darauf läuft es doch hinaus. Es gibt so viele schöne Ecken im Netz, dass ich davon überzeugt bin, dass die “Guten” in der Mehrheit sind. Das dürfen wir nie vergessen.

Religion. Ich bin ein gläubiger Mensch. Christ. Katholikin. Aber wie in den Medien und von extremen Gruppierungen von Religion reden – das ist oft widerlich und verdorben. Das hat nichts mit Religion und Gott zu tun. Das hat mit Menschen und Hass zu tun. Religion ist nur eine Entschuldigung, um abscheuliche Dinge zu tun. Und als Antwort darauf wird die Religion und jedes Mitglied verdammt.

Ja, es gibt schreckliche Menschen. Ja, sie benutzen Religion, um anderen Menschen weh zu tun, sie zu unterdrücken, sie zu missbrauchen. Aber das ist es nicht, was Religion will. Religion will frei machen. Und zu einem besseren Leben führen. Jede Religion. Es ist der Mensch, der sie entartet. Und das passiert leider in jeder Religion, weil es in jeder Gruppe Menschen gibt, die nach Macht gieren und das auf Kosten anderer.

Dennoch darf man nicht den Glauben an das Gute aufgeben. Man darf nicht anfangen, ganze Menschengruppen wegen ihrer Religionszugehörigkeit (oder Staatsangehörigkeit) zu verdammen. Damit spielt man den Hasspredigern direkt in die Hände. Man muss offen bleiben. Für die Möglichkeit, dass der andere auch nur das Beste für seine Familie möchte – ohne uns dabei etwas Böses zu wollen.

Politik. Die Welt ist gespalten in Rechts und Links. Ständig wird aufeinander eingekloppt. Und um sich gegenseitig zu übertönen, wird immer lauter geschrieen. Dabei überhören wir dann oft, dass beide Seiten die gleichen Argumente verwenden. Oder den gleichen Argumentationsweg beschreiten. Mit Statistiken und der Bibel, mit Plattitüden und leeren Worthülsen kann man alles beweisen – oder eben nichts.

Aber ich halte es wie Cicero. Nur weil man sich die Hände schmutzig machen kann, heißt das nicht, dass man denen das Spielfeld überlassen sollte, die sich gern dreckig machen. Und man sollte sich nicht auf deren Spiel einlassen. Man selbst wird schmutzig – aber die Schweine haben daran Spaß. Nein, wenn man etwas verändern will, muss man es von innen tun. Aus dem System heraus, mit dem System, gegen das System.

Geht wählen, unterschreibt Petitionen, schreibt Briefe, geht auf Kundgebungen. Nutzt eure Stimme. Gebt nicht auf, nur weil die herrschende politische Klasse euch einzureden versucht, dass ihr keine Macht habt. Oder dass ihnen euer Wohlergehen am Herzen liegt. Nein, Politiker denken vor allem zuerst an sich selbst und ihren Machterhalt. In zweiter Linie hoffentlich an ihr Land. Und als letztes an den einzelnen Bürger.

Ja, da ist ein Unterschied. Was auf lange Sicht gut für das Land ist, kann jetzt unglaublich unpopulär sein und für den einzelnen kaum von Nutzen. Aber manchmal braucht man einen langen Atem. Jemanden, der das große Ganze im Blick hat. Langfristig denkt. Und auch vor unangenehmen Entscheidungen nicht zurückschreckt.

Manchmal hat man aber den Eindruck, dass manche Politiker vor allem an sich und ihre eigenen Taschen denken. Angefangen beim Gehalt, bis zur Rente. Einmal Abgeordneter und man hat ausgesorgt. So scheint es doch manchmal. Wer will sich von denen noch etwas sagen lassen, die mit ihren Wohlstandsbäuchen ihren Lohn ironischerweise „Diäten“ nennen?!

Aber auch das ist eine Ausrede, um sich nicht tiefer mit Dingen auseinandersetzen zu müssen, die einem unangenehm sind. Die negative Gefühle hervorrufen. Die einen aus seiner gewohnten Umgebung reiße und neue Sichtweisen aufzeigen. Denn es ist wesentlich einfacher „die anderen“ zu verdammen und zu verteufeln, als sich kritisch mit allen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Zu untersuchen, was da eigentlich tatsächlich gesagt und getan wird.

Wenn wir an der Politik verzweifeln, verzweifeln wir in Wahrheit an Menschen. Aber Menschen können sich ändern. Wir müssen daran glauben. Und es selbst jeden Tag versuchen. Mit uns selbst anfangen. Für eine bessere Zukunft.

Manchmal weiß ich nicht, was gefährlicher ist – einer, der aus Überzeugung an gefährlichen Irrtümern festhält, oder jemand, der aus Ignoranz (willentlich oder unwissentlich) diese Irrtümer unterstützt. Der erste ist schwieriger zu bekehren, aber hat hoffentlich auch nur das Wohl seiner Lieben am Herzen. Der letzte kann oder will es nicht wissen. Steckt lieber seinen Kopf in den Sand. Damit ist die Gefahr aber nicht gebannt. Im Gegenteil, sie wird erst noch unterstützt.

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